Musik, Musik, Musik

Die Musikseite

Ich höre gern Musik, Soul und Funk der 70er und 80er Jahre und Jazz von klassischem Trio über modern und cool bis BigBand und Latin.
Es gibt aber auch deutsche Schlager der 60er und 70er, ein wenig Volksmusik, Pop und Poprock und auch gängige Klassik.

"Immer mehr Interpreten meiner Musik leben nicht mehr - ich glaube, ich werde alt ..."


Ein ganzes Orchester in der Kehle *

Al Jarreau - meine erste Jazz-Erfahrung ist gestorben

Maurice White & EWF - Klick zur offiziellen Homepage

Al Jarreau ist am 12. Februar 2017, am Tag der Grammy-Verleihung 2017, im Alter von 76 Jahren gestorben. Er selbst hat sieben davon in seiner Schaffensperiode bekommen.

Al Jarreau war für mich die erste Begegnung mit dem Jazz, 1976 mit dem vom NDR aufgezeichneten und im gleichen Jahr im Fernsehen gesendeten, legendären Konzert im Onkel Pö. Dieses Erlebnis war der Grund für mich, mit dem Livealbum "Look To The Rainbow" von 1977 den Grundstein für meine Jazzplatten zu legen.

In meiner Sammlung finden sich 24 Tonträger bzw. 257 Titel von bzw. mit Al Jarreau, darunter eine Radioaufnahme vom 12. März 1976 (seinem Geburtstag) live aus dem Onkel Pö - der Klang ist nicht topp, aber die CD-R ist nun unverzichtbar.

Look to the Rainbow ...

* Bericht auf stuttgarter-nachrichten.de vom 12.02.2017 von Frank Armbruster (ohne Fotos) - bitte klicken

Ein ganzes Orchester in der Kehle

Sieben Grammy-Auszeichnungen und Fans in der ganzen Welt: Der große Jazz-Sänger Al Jarreau ist im Alter von 76 Jahren gestorben. Erst vor wenigen Tagen hat er seinen Rückzug verkündet.

Man hatte schon befürchtet, dass vielleicht etwas Ernstes dahinterstecken könnte, als Al Jarreau am Mittwoch seinen Rückzug von der Bühne bekanntgab und alle geplanten Konzerte absagte. Er sei, ließ sein Management ausrichten, „dankbar für seine 50 Jahre, in denen er die Welt im Priestertum durch Musik bereist hat und für alle, die dies mit ihm teilten.“ Einer wie Al Jarreau, der sein Publikum liebte, unternimmt solch einen Schritt nicht ohne triftigen Grund, und nun ist Al Jarreau tatsächlich am Sonntag um sechs Uhr früh im Alter von 76 Jahren in einem Krankenhaus in Los Angeles gestorben, obwohl es noch am Donnerstag auf seinem Twitter-Account geheißen hatte, er erhole sich langsam, aber stetig. Zur Todesursache wurden keine Angaben gemacht.

Millionen Fans in aller Welt dürften nun sehr, sehr traurig sein – denn Al Jarreau war in jeder Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung, ein charismatischer Bühnenkünstler, der sich vor allem mit seiner Freundlichkeit und Spontaneität in die Herzen seines Publikums gesungen hat. 1940 wurde Al Jarreau in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin als fünftes von sechs Kindern geboren, sein Vater war Pfarrer, seine Mutter spielte Orgel in der Kirche, wo der vierjährige Alwyn Lopez, wie er mit vollem Namen hieß, seinen ersten Auftritt als Sänger hatte. Während seiner Schulzeit sang er in verschiedenen Bands, nach einem Psychologiestudium arbeitete er tagsüber als Sozialarbeiter in Kalifornien und tingelte abends mit einem Trio durch die Clubs, das von dem damals noch gänzlich unbekannten George Duke geleitet wurde.

Vom tiefsten Bass zum höchsten Flageolett

1968 kündigte er seinen Job, um sich ganz auf die Musik zu konzentrieren, wobei der Kontakt mit dem brasilianischen Gitarristen Julio Martinez entscheidend für seine weitere Entwicklung wurde. Nur von einer Gitarre begleitet, hatte Jarreau weitaus größere Freiheiten zur vokalen Entfaltung, und er nutzte diese, um seinen unverwechselbaren Gesangsstil zu entwickeln. Der war von Scatsängern wie Cab Calloway oder Ella Fitzgerald geprägt worden, doch den größten Einfluss, so bekannte Al Jarreau, habe dabei der Sänger Jon Hendricks auf ihn ausgeübt. Von dem habe er gelernt, schnelle, instrumental gedachte Melodien so zu singen, dass er zusätzlich auch die Bedeutung des Songs vermitteln konnte. Die Fähigkeit, mit der Stimme Instrumente aller Art nachzuahmen, sollte Al Jarreau später auf einzigartige Weise perfektionieren. Man denke nur an die Congas, mit denen er seine Adaption von Brubecks „Take Five“ eröffnet, oder die Quasi-Flöte in der Intro von „Glow“ auf seinem gleichnamigen Album. Der Jazzkritiker Joachim Ernst Berendt hat diese Fähigkeit einmal so beschrieben: „Jarreau verfügt über ein Arsenal stimmlicher Möglichkeiten, das mit dem keines anderen männlichen Sängers vergleichbar ist.  Seine Kehle bringt wirklich ein ganzes Orchester hervor: Schlagzeuge und Saxophone, Trompeten und Flöten, Congas und Bässe – aber das alles aus dem Mund eines einzigen Mannes, vom tiefsten Bass zum höchsten Flageolett, als ob dieser Mann über ein Dutzend oder mehr verschiedener männlicher oder weiblicher Stimmen verfüge.“

Am besten war er live

1971 gründete Al Jarreau seine erste Rockgruppe, genannt „Jarreau“ und begann mit ersten Versuchen, eigene Songs zu schreiben, 1975 schließlich erhielt er seinen ersten Plattenvertrag bei Warner Brothers, „We Got By“ hieß seine erste Platte. Ein Jahr später dann trat er zum ersten Mal in Europa auf, bei den Jazzfestivals in Montreux und Berlin, seine darauf folgende Europatournee durch sechzehn Städte wurde ein triumphaler Erfolg und machte Al Jarreau mit einem Schlag zum Star. Das „Time Magazine“ nannte ihn einst den „größten lebenden Jazz-Sänger“. In Al Jarreaus Aufnahmen bis heute – 2014 erschien sein letztes, George Duke gewidmetes Album „My Old Friend“ – spiegelt sich die Entwicklung der populären Musik von Jazz über Rhythm And Blues-Songs bis zu Pop, Funk und Bossa Nova. Doch so gut seine Platten auch sind – Al Jarreau bekam insgesamt sieben Grammys in drei verschiedenen Genres – am besten war er live, auf der Bühne. Hier konnte er auf das Publikum reagieren, das niemals den Eindruck hatte, dass da ein Musiker einfach sein Programm durchzieht. Stattdessen war da ein großartiger Sänger, der seine Freude am Musizieren teilt.

 


Frischer Swing mit frechen Texten

Roger Cicero - der deutsche Jazzer mit Hut ist tot

Roger Cicero Musik

Roger Cicero ist am 24. März 2016 überraschend verstorben.
Ich kenne fast alle seine Texte auswendig und habe die CDs sehr oft gehört.

Bericht auf zeit.de am 29.03.2016 von Rabea Weihser (ohne Fotos) - bitte klicken

Der Lebemannromantiker

Zehn Jahre großer Popzirkus und plötzlich ist alles vorbei:
Roger Cicero, einer der besten Jazzsänger Deutschlands, ist tot.

Es heißt, wir alle halten ein Leben lang fest an der Musik, die wir hörten, während wir die Welt für uns entdeckten. Während wir losstürmten, frei hinaus, mit den Freunden, ohne die Eltern. Zu gern erinnern wir uns an den Aufbruchsgeist, der uns in den Tagen unserer späten Jugend antrieb – und meist hat er eine Melodie.

Wer Anfang der Nullerjahre in Hamburg lebte und studierte, irgendwas mit Musik, wer sich auf der Reeperbahn herumtrieb, im Pudel, Grünspan, Angie's Nightclub, der konnte Roger Cicero nicht verpassen. Ob in kleiner Quartettbesetzung in Plüschatmosphäre oder im großen Big-Band-Kollektiv der Soulounge, er war immer irgendwo dabei. Es war die Zeit, als Robbie Williams und George Michael mit Jazzstandards große Erfolge feierten. Cicero zeigte dem vom Acid Jazz des Mojo Club angeheizten Publikum, dass auch Norddeutsche Soul haben.

Damals machte man sich noch Gedanken darüber, ob Hautfarbe singen kann. In diesem Kontext war Roger Cicero die Klaviatur unter den Stimmen: Eigentlich überwiegend weiß, aber erst durch die vielen schwarzen Halbtöne wirklich großartig. Dieser unscheinbare Typ legte Stevie Wonders Sir Duke oder Superstition hin, als wäre es ein Spaziergang. Seine Improvisationen sprühten vor Energie, austrainiert bis ins letzte Melisma.

Gelernt hatte Cicero das schon als begabter Schüler unter Peter Herbolzheimer und während des Jazzstudiums in Hilversum. In der Hamburger Jamszene gereichte ihm seine beeindruckende Technik zum Sängerkönig. Als man hörte, er gebe auch Privatunterricht, besorgte man sich schon mal schüchtern die Telefonnummer. Cicero hatte etwas vom Jazz kapiert, das war klar. Und wenn es nur das Handwerk war; Klavier, Gesang, Gitarre, Songwriting – das ist mehr, als viele andere draufhaben, die im Radio wohnen.

Dass Musik eben auch Arbeit sein kann, hatte der Vater Eugen Cicero, der als angesehener Jazzpianist aus Rumänien gekommen war, an den kleinen Roger weitergegeben. Man trat eben auf, spielte Gig um Gig, schlug sich mit Studiosessions durch, nahm Platten auf, weil sie einem selbst gefielen, bis sich irgendwann etwas Größeres auftat. Dieser Moment kam für Roger Cicero 2006, da war er bereits 36 Jahre alt und sein Haupthaar schütter. Er bekam eine Schiebermütze und die Rolle des Jazz-Robbies von der Elbe verpasst. Big-Band-Sound mit deutschen Texten, ein bisschen Retro-Glamour, eine ordentliche Tüte Alltagsmachismo, die Party-Promiskuität von Mambo No. 5 und die Lebemannromantik, mit der Michy Reinckes Taxi nach Paris 20 Jahre zuvor im Graben stecken geblieben war.

Sauber wie die Glasperlen im Dekosand

Das Rezept ging voll auf. Das Album Männersachen begeisterte vor allem Frauen, die sich von ihren Ehemännern rote Rosen, eine Designerhandtasche und ein sauber gefliestes Wohnzimmer wünschen. Davon soll es ja viele geben. "Zieh die Schuhe aus, bring den Müll raus …" und Triple-Platin, 610.000 Einheiten verkauft. Im Jahr drauf durfte Roger Cicero die deutschen Herzen beim Eurovision Song Contest vertreten, Frauen regier'n die Welt, nun ja, 19. Platz, die Botschaft kam wohl nicht überall an. Weitermachen, die Welle reiten. Beziehungsweise, 2007, immerhin Triple-Gold. Artgerecht, 2009, Platin. In diesem Moment, 2011, Gold. Vermutlich waren Til-Schweiger-Deutschland und Roger-Cicero-Deutschland eine Zeit lang deckungsgleich. Das war immer hervorragendes Pophandwerk, vielleicht ein bisschen zu gut ausgedacht, aber stimmlich so sauber und funkelnd wie die Glasperlen im Dekosand auf der Fensterbank. Roger Cicero wusste, dass er den echten Jazz unter den Teppich kehren musste.

Er hat viel gearbeitet und zum Ausgleich viel Yoga gemacht, einen Sohn bekommen, sich später von der Mutter getrennt. Danach wurde es ruhiger um ihn, seine Perspektive etwas lebensklüger, der Erfolg hatte seinen Zenit überschritten, das spürte auch er, die wilden Jahre waren vorbei. 2014 erschien Was immer auch kommt, darauf der Song Wenn es morgen schon zu Ende wär'. Der Sound poptimistisch, fröhlich dahinplätschernd, ein typischer Autoradiosong. Und doch singt da ein Mann, der miterlebt hat, wie sein Vater mit 57 an einem Schlaganfall starb, der eine Ahnung davon hat, wie flüchtig das Dasein ist. In einem Interview sagte er damals: "Es kann sehr schnell zu Ende gehen. Ich glaube, es braucht solche radikalen Gedanken, um sich dessen bewusst zu werden. Ich jedenfalls brauche sie, um mich komplett auf das Leben einzulassen und mir jeden Tag zu sagen: 'Nein, nicht warten, jetzt machen!'"

Im Herbst 2015 musste Roger Cicero wegen einer verschleppten Virusinfektion eine Pause einlegen. Am 24. März ist er im Alter von 45 Jahren an einem Hirnschlag gestorben.


The "Shining Star" has gone - 3. Februar 2016

Maurice White - R.I.P.

Maurice White & EWF - Klick zur offiziellen Homepage

Der Gründer "meiner" Musikgruppe ist tot. Ich habe alle Platten und CDs.

Bericht auf n-tv.de am 5. Februar 2016 (ohne Fotos) - bitte klicken

Gründer von Earth, Wind & Fire
Hitschreiber Maurice White ist tot

Die 1969 gegründete Band Earth, Wind & Fire ist durch Hits wie "September", "Shining Star" und "Boogie Wonderland" weltberühmt. Nun ist ihr Gründer Maurice White gestorben. Er hatte die meisten der Knaller-Songs komponiert.

Eine der großartigsten Szenen aus dem französischen Erfolgsfilm "Ziemlich beste Freunde" ist die, in der der schwarze Pfleger mit Migrationshintergrund namens Driss seinem reichen Dienstherren Philippe, der gelähmt im Rollstuhl sitzt, bei dessen langweiligen Geburtstagsfeier einen Song der Band Earth, Wind & Fire vorspielt und dazu tanzt. Hinterher tanzen alle Geburtstagsgäste, die Party kommt in Schwung, denn die Musik ist einfach zu mitreißend. Dafür war die Band bekannt: für zündende, unwiderstehliche Songs, die zum Tanzen verführen. Der Gründer der Popgruppe, Maurice White, ist nun im Alter von 74 Jahren gestorben.

Er sei in der Nacht zu Donnerstag friedlich eingeschlafen, teilte sein Bruder Verdine White mit. Die Welt habe einen weiteren großen Musiker verloren, hieß es in der Mitteilung. Im Jahr 2000 hatte der Schlagzeuger, Sänger und Songwriter Maurice White öffentlich bekannt gegeben, dass er an der Parkinson-Krankheit leide.

Unsterbliche Hits

Die Ende der 1960er-Jahre in Chicago gegründete Soul-Funk-Band war durch Hits wie "September", "Shining Star", "Let's groove" und "Boogie Wonderland" weltberühmt geworden. Earth, Wind & Fire liefert eine Mischung aus Soul, Funk, R&B, Pop, Jazz und Gospelmusik. Sie tritt bis heute auf.

Maurice White hatte die meisten Titel der Band komponiert, arrangiert und produziert. Schon im Alter von 14 Jahren hatte er zusammen mit seinem Freund Booker T. Jones, später bekannt als Frontmann der Band Booker T. & the M.G.s, in diversen Bands gespielt, bevor er am Chicago Conservatory of Music ein Musikstudium begann. 1969 schließlich gründete er Earth, Wind & Fire. Später arbeitete er auch eng mit anderen Musikern wie Barbra Streisand und The Emotions zusammen und brachte auch ein Soloalbum heraus. Seit 1995 trat er aus Krankheitsgründen nicht mehr live auf.

Quelle: n-tv.de , abe/dpa


Lost and Found: Natalie Cole

† 2015

Natalie Cole - Unforgettable Natalie Cole - Stardust

Warum krame ich eigentlich immer erst dann alte Aufnahmen heraus, wenn die Interpreten gestorben sind. Veranlasst durch den Tod von Natalie Cole habe ich diese zwei CDs mal wieder aufgelegt. Wunderschöne, ruhige Aufnahmen.
Auch sie reiht sich nach nur 65 Lebensjahren in die schier endlose Phalanx von Musikern ein, die mit ihrem Leben nicht gerade vorsichtig umgegangen sind.


Lost and Found: "Nicht nur zur Weihnachtszeit ..."

Diana Krall - Christmas Songs

Diana Krall / Christmas Songs (2005)

Für mich ein Muss zur Weihnachtszeit. Die allseits und seit Jahrzehnten bekannten Weihnachtslieder amerikanischer Prägung wurden durch vorzügliche BigBand-Arrangements und Diana Kralls Stimme herrlich aufgewertet. Diese CD verdient es, alljährlich ganz nach vorne gestellt zu werden.

Geht aber auch mal mitten im Sommer ...

Der "Stereo" Redakteur sagte seinerzeit:
Jeder amerikanische Gesangskünstler fühlt sich verpflichtet, zumindest einmal im Leben eine Weihnachtsplatte einzuspielen, und auch Diana Krall macht da keine Ausnahme. Die gute Nachricht: Christmas Songs ist eine sehr jazzige Platte geworden, und Krall zeigt sich hier weit mehr als auf den letzten "normalen" Veröffentlichungen als Jazzsängerin im Sinne von, sagen wir, Ella Fitzgerald. Ausgelassen swingend turnt sie durch die bekannten Weihnachtsschlager, scattet an vielen Stellen und klingt wie befreit. Befreit auch vom starren Korsett der Streichergruppen, die sie auf "The Look Of Love" und "When I Look In Your Eyes" in eine bestimmte, eher dem Pop zuneigende Richtung gedrängt hatten. Hier begleitet sie vorwiegend das Clayton-Hamilton Jazz Orchestra, eine knallig swingende Post-Basie-Aggregation, für die Swing der Lebensinhalt ist. Das gibt den schnelleren Stücken enormen Antrieb und wirft neues Holz ins Weihnachtsfeuer. Und nimmt sich Krall mal einen langsameren Titel vor, so sorgen ihre Begleiter für Swing. Auch Krall selbst ist da selbstverständlich davor. Sie ist hier wieder sehr viel als Pianistin zu genießen und erinnert daran, dass sie schon immer selbst ihre beste Begleiterin war, eine mitreißende Jazzpianistin. Bei aller Schönheit hat die Platte doch etwas Suchendes, das zeigt auch die relative Kürze der neuen Aufnahmen, die mit einigen Titeln von 1998 auf CD-Länge gebracht wurden. Dass das trotzdem schlüssig klingt, beweist die Konsequenz von Kralls Weg. "Christmas Songs" ist ein authentisches Jazzweihnachtsalbum geworden. Perfekt hält es die Waage zwischen besinnlicher Feststimmung und fröhlichem Feiern. Das Beste, was Weihnachten seit langem passiert ist. (Musik-Check und Hifi-Check 4/5 Sterne)


Lost and Found: Joe Sample - die Crusaders und andere

Crusaders - Street Life Joe Sample + Nils Landgren - Creole Love Call

Joe Sample ist am 12. September 2014 im Alter von 75 Jahren gestorben.

Anfang der 1970er Jahre war er mir mit den Jazz Crusaders stets zu wild, nicht funky genug. Durch das Album "Street Life 300 S." traten die Crusaders nach meinem Empfinden in die allgemeine öffentliche Wahrnehmung und sind mit diesem und vielen anderen Titeln aus der Musikwelt nicht mehr wegzudenken. Zwölf Produktionen der Crusaders stehen bei mir im Schrank, von 1973 bis 2003, die Fehlenden kommen bei Gelegenheit hinzu.

Auch als Solist ist mir Joe Sample immer wieder mit seinem Sound an Klavier und Keyboards aufgefallen. Dies auch, weil er nicht mit irgendjemanden seine Musik gemacht hat. Randy Crawford, Nils Landgren (siehe links), Lalah Hathaway, die NDR Bigband und noch viele weitere waren seine Spielpartner für kurzweilige, interessante Unterhaltung. Fünf Alben fanden den Weg in meine Sammlung.

Spiegel-Online berichtete dazu am 13.9.:

Houston - Der Jazz-Pianist Joe Sample ist tot. Er starb am Freitag in Houston im US-Bundesstaat Texas. Der Musiker wurde 75 Jahre alt.
Joe Sample begann mit sechs Jahren, Klavier zu spielen. Das Piano stand im Wohnzimmer, dem Zentrum des Familienlebens. Schon früh träumte er davon Jazz-Pianist zu werden, aber er versuchte es zunächst mit Klassik, dann begann er ein Musikstudium an der Universität.
Mit 19 Jahren brach Sample die Universität ab und ging mit den Jazz Crusaders, später nur noch Crusaders, nach Los Angeles. Dort nahmen sie Ende der Fünfzigerjahre ihre erste Platte auf. Mit dem Album "Street Life" aus dem Jahr 1979 feierte die Band größte Erfolge. Vor allem der Titelsong wurde weltweit bekannt.
Die Achtzigerjahre waren für Sample nicht leicht. "Der Jazz hatte seine Spiritualität verloren, und ich wurde ein Opfer der Musikindustrie. Meine damalige Plattenfirma war der Meinung, ich könnte nicht so weiterspielen wie bisher. Ich dachte, okay, warum begehe ich dann nicht gleich Selbstmord? Ich kann doch nichts anderes!", sagte Sample einmal in einem Interview mit dem KulturSPIEGEL. Nachdem die Verträge mit der Plattenfirma ausliefen, konnte Sample wieder die Songs aufnehmen, die ihm am Herzen lagen.
Joe Sample galt als offener Geist, dessen Piano-, Arrangement- und Kompositionskünste von Musikern wie Miles Davis, George Benson, B.B. King und Eric Clapton geschätzt wurden, wie das Schweizer Radio und Fernsehen berichtet. Auch als Solopianist war Sample äußerst erfolgreich.

Die Jazzwelt wird ihn vermissen.


Lost and Found: Der Mann am Klavier ...

Paul Kuhn - The L.A. Session

Paul Kuhn - The L.A. Session (2013)

Paul Kuhn ist im Alter von 85 Jahren gestorben.

Deutschland hat seinen ältesten Jazz-Pianisten verloren. Ich selbst habe ihn lange Zeit nur mit Bier am Klavier oder auf Hawaii in Verbindung gebracht und habe erst sehr spät seine Jazz-Qualitäten erkannt. Erst mit der CD "Young At Heart", die er u.a. mit alten Weggefährten wie Greetje Kauffeld aufnahm, bin ich auf den Jazzer Kuhn aufmerksam geworden.

Seine Musik swingt in einer Art, die ich kaum anderswo zu hören bekommen habe. Die Besetzungen, besonders in der L.A. Session, erinnern an Oscar Peterson, wobei der Anschlag der Tasten den Unterschied bringt. Aber auch die Big Band konnte er nicht lassen, was die CD "My Private Collection" aus 2004 zeigte.

Auszüge eines Welt-Online Artikels zum Tode von Paul Kuhn (bitte klicken)
Zu seinem 85. Geburtstag machte sich Paul Kuhn das größte Geschenk selbst: Er nahm in Los Angeles eine CD in den legendären Capitol-Studios auf. Deutschlands dienstältester Jazz-Piano-Star sang in dasselbe Mikrofon, das einst Frank Sinatra benutzte, und saß am selben Flügel wie Nat "King" Cole. Es war eine schöne und glückliche Fügung, die der gebrechliche, fast blinde, aber keinesfalls von seinem charakteristischen trockenen Humor befreite Ex-Schlagerstar im Interview so kommentierte: "Ich hab versucht, schön Klavier zu spielen. Trompete kann ich ja nicht." ...

Die Lizenz zum Improvisieren
Aus Paul, dem 1928 geborenen Pianisten mit seiner Vorliebe für Art Tatum, Nat "King" Cole, George Shearing oder Oscar Peterson, wurde ... Paulchen. Und aus dem Jazz, mit dem Kuhn in einem Frankfurter Internat während der barbarischen Swingverbotsjahre heimlich angebändelt hatte, wurde der sorglose Soundtrack für den Wiederaufbau. Kuhn beschrieb seine Initialzündung so: "Das war 1943, als die Glenn-Miller-Band in England war. Die hat im Radio extra für Deutsche gespielt, mit Nachrichten auf Deutsch, die erklärten, wie die Front in Russland wirklich verläuft. Es gab die Wahrheit und zwischendurch immer Jazz."
Paul Kuhn war nach dem Krieg einer der ersten in Deutschland, der von den Alliierten offiziell die Lizenz zum Improvisieren bekam. Als Angestellter in Diensten des American Forces Network sorgte er für die Musik zwischen den einzelnen Radiosendungen. Dafür hatte man ihm aus den Staaten das Notenmaterial herangeschafft; es legte die Grundlage für das beeindruckend umfassende Repertoire aus den so genannten Standards des American Songbook, über das der Pianist mit natürlicher Verinnerlichungsgabe souverän verfügte.
Als fähiger Bandleader, lässiger Solist und gewitzter Arrangeur im Geiste Count Basies stieg er zunächst zu einer der Führungsfiguren der jungen deutschen Jazzszene auf. Dass man ihn dann auch außerhalb der Improvisationsfestivals und Eingeweihten-Clubs kennenlernte und ihn nicht mehr fortlassen wollte, daran waren der Schlager und das Fernsehen schuld.

Lieder über Bier, Konto und Kaktus
Der Kerl mit den verschmitzt blickenden Augen und den in jeder Hinsicht hervorragenden Ohren schrieb und interpretierte nun mal auch Schunkel-Stücke, die in ihrer Mischung aus Albernheit, spaßigem Fernweh und selbstironischem Optimismus das Zwerchfell der Adenauer-Ära trafen.
Man muss sich nur die Titel der Lieder anschauen, die auf Kuhns ersten Erfolg "Der Mann am Klavier" 1954 folgten: "Auf meinem Konto steht das Komma zu weit links", "Ich hab' dir aus Ägypten einen Kaktus mitgebracht", und ja, natürlich, "Es gibt kein Bier auf Hawaii". Der hawaiianische Tourismusverband soll Kuhns größten Hit aus dem Jahr 1963 übrigens gar nicht komisch gefunden haben.
In Deutschland machte ihn die Hopfen-Hymne allerdings derart beliebt, dass er bald für diverse Fernseh-Unterhaltungsshows vor der Kamera stand. "Gong Show" oder "Hallo Paulchen" hießen die Formate; sie zementierten sein Vornamen-Diminutiv. Er nahm das gelassen, so, wie es sich für einen Überzeugungs-Jazzer und Sinatra-Verehrer gehört.

Undercover-Einsatz für den guten Geschmack
Mit dieser Haltung, die der Schicksalsergebenheit des Blues genauso wie dem Großstadt-Sarkasmus des Swing und Bebop geschuldet zu sein schien, machte Kuhn seinen Weg. Er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen, als ihm 1980 das NDR-Fernsehen seinen Vertrag kündigte und ihm gleichzeitig auch noch die SFB-Big-Band unterm Dirigentenstab abgewickelt wurde, die er seit 1968 angeführt hatte.
Er sei immer bestrebt gewesen, "auch in der kommerziellen Musik ein bisschen Jazz unterzuschmuggeln", erläuterte Kuhn später seine Undercover-Tätigkeit im Namen des guten Geschmacks. Das sollte man aber keineswegs missverstehen als Angriff auf die Unterhaltungskunst: "Ich habe überhaupt nichts gegen Schlager, das wäre auch dumm, weil ich ja jahrelang selbst Schlager und doofes Zeug aufgenommen habe."
Spätestens in den 90er-Jahren hatte es der Pianist dann nicht mehr nötig, sich in irgendeiner Form zu verstellen. Gemeinsam mit den Kollegen Hugo Strasser und Max Greger tourte er unter dem Signum "Swing Legenden" erfolgreich durch die Republik und nahm parallel eine Reihe von Platten auf, die der von Robbie Williams verzückten Jugend zeigte, dass es auch in Deutschland eine lang verdrängte Tradition des coolen Swing-Entertainments gab.
In dieser Hinsicht kann man Paul Kuhns Studioalbum "The L.A. Session", das er im vergangenen Jahr mit den beiden hervorragenden Begleitmusikern John Clayton und Jeff Hamilton aufnahm, als wunderbares Vermächtnis ansehen. Kuhn sang und spielte Standards des Jazz mit einer großen Herzenswärme, Lässigkeit und einem leichten Augenzwinkern. "Wenn ich mal sterbe, soll es heißen: Der konnte wenigstens sauber Klavier spielen. Wenn du 85 bist, hattest du schließlich Zeit genug zum Üben!", sagte der Pianist. Frank Sinatra und Nat "King" Cole dürfen sich über den Neuzugang in der Big Band, die da oben im Himmel spielt, freuen. Uns hier unten bleibt nur, als stille Verbeugung ein Stück von Paul Kuhns letzten CD abzuspielen: "There Will Never Be Another You."

Lost and Found: Take Five + Blue Rondo a la Turk

Diana Krall - Christmas Songs

Dave Brubeck / Time Out (1958)

Dave Brubeck ist am 5. Dezember 2012 im Alter von 91 Jahren gestorben. Seine wohl bekannteste Platte ist Time Out.

Time Out ist eine meiner Lieblingsplatten, immer wenn ich im Plattenregal nach Jazz sehe, fallen mir die Platten vom Dave Brubeck Quartett in die Hände. Was fasziniert mich? Ist es das Klavierspiel von Dave, ist es der besondere Rhytmus des 5/4tel-Taktes, das Saxophonspiel von Paul Desmond? Es ist wohl alles zusammen, was das Besondere an den Titeln dieser LP ausmacht.

Aus meiner kleinen Brubeck-Sammlung möchte ich noch die Doppel-LP "Live At Carnegie Hall" von 1970 besonders hervorheben. Sehr sauber produziert, exzellenter Klang und super Musik. Tolle Versionen von "Bossa Nova USA" und "Three To Get Ready" leiten ein furioses Finish auf Seite 4 ein, mit einem "Blue Rondo A La Turk" von 12 Minuten und 41 Sekunden und einer tollen Version von "Take Five".

Bei dieser Gelegenheit: Es gibt eine 3er-CD mit dem Titel "Monterey Jazz-Festival 40 Years", bunt gemischt hinsichtlich Interpreten und Aufnahmezeitpunkt. Der zweite Titel ist "For All We Know" vom Dave Brubeck Quartet aus 1958. Das Besondere an dieser Aufnahme ist neben der Leichtigkeit des Spiels aller Musiker ein Propellerflugzeug, das die Bühne während des Solos von Dave überfliegt (hört sich irre an, sowohl über Lautsprecher aus auch über Kopfhörer). In dem Jahr hat man es nicht geschafft, die Überflüge zum Flughafen zu verhindern. Dave glitt sofort in den Song "US Air Force" und eine dem Publikum bekannte Zeile, bevor er ansatzlos wieder in den Titel "For All We Know" überging. Das Publikum quittierte dies mit Gelächter und Applaus.
Gibt es diese Aufnahme auch auf einem anderen Datenträger?


 


Kontakt Suche Disclaimer Datenschutz